Gullivers Reise – Kunst und Bau Wettbewerb: Kantonale Verwaltung Seetalplatz Luzern

Unsere* Teilnahme am Wettbewerb war zwar nicht von Erfolg gekrönt. Der entstandene Entwurf einer Plastik für den Eingansbereich im Neubau Metropol  lohnt aber dennoch einen Blick. *kein Pluralis Majestatis aber eine Zusammenarbeit mit Javier Herguedas.

Gullivers Reise

So heisst die rund 4 x 3 x 0.4 Meter grosse Skulptur im Eingangsbereich(1) des Komplexes „Metropol“, dem zukünftigen Verwaltungsgebäude am Seetalplatz. Die Narration besteht aus einer Rahmenhandlung, bestückt mit zufällig angeordnet wirkenden Dingen, Objekten, Teilen. Die Plastik erinnert unweigerlich an einen überdimensionierten Modell-Bausatz, welcher hier von unbekannt(2) an die Wand gelehnt. Die Oberfläche ist einheitlich matt und hell gehalten. Einige Teile meint man zu erkennen. Andere wirken per se abstrakt. Die erkennbaren Gegenstände stehen nicht in natürlichen Relationen zueinander. Sowieso müssen nicht nur die Massstäbe durcheinandergeraten sein, auch die Auswahl wirkt eigenartig. Die Plastizität der Objekte kommt mangels individueller Textur und Eigenfarbe ungewohnt gut zum Ausdruck. Die Bestandteile lassen sich anfassen. Sie sprechen schon deshalb in ihrer ganzen, durch die Reduktion verstärkten Sinnlichkeit, für sich. Es gibt die modelsatzüblichen Sollbruchstellen, auch leere. Eingeprägte Kürzel. Nummern und technische Bezeichnungen.

Aus Distanz wirkt die Anordnung zusammengewürfelt, etwas weniger heterogen aber immer noch absurd. Ob dieser Kit komplett ist? Lässt sich das echt zusammenfügen? Nicht nur die einzelnen Objekte regen zu Assoziationen an oder erzählen Geschichten. Im Nebeneinander entstehen Dialoge. Die Protagonisten treten in Beziehung miteinander. Schnell auch kreuz und quer. Mal mit Resonanz, mal in Dissonanz. Symmetrien treten hervor, Gegensätze werden verstärkt oder aber Ähnlichkeiten sichtbar. Einzelne Teile wirken wie Metaphern. Andere wiederum stehen als Teil für ein grösseres Ganzes und umgekehrt. Auch die originalen Kontexte können bei genauerer Betrachtung (oder mit mehr Phantasie) vereinzelt zum Vorschein kommen. Die veränderten Dimensionen spielen dabei eine besondere Rolle, denn einerseits ist das Ganze ja viel zu gross und ergo der Rezipient wohl eher klein? Andererseits wirkt ein Objekt je nach Nachbarschaft grösser oder kleiner oder wird komplett neu gedeutet.

Das eigentliches Framing der Plastik, und der Interpretationsspielraum des Werkes gehen natürlich über den Standort im Eingangsbereich von „Metropol“ hinaus. So wie ein Modelsatz nicht als das finale Werk gedacht ist, behauptet auch „Gullivers Reise“ eine Ausganslage zu sein. Aber statt nun Hand anzulegen, wie beim Bausatzbasteln darf interpretiert werden. Der oder die Betrachtenden entwickelt die Assemblage weiter. Der wichtigste Beitrag von „Gullivers Reise“ ist das Ermöglichen von Interpretation inhaltlicher Qualitäten, welche spielerisch aufgezeigt werden. Bezüge zu Ort, Gebäude, Architektur entstehen zwangsläufig. Trotzdem emanzipiert sich „Gullivers Reise“ als eigenständiges sinnliches Kunstwerk im Raum.

René Gisler, Javier Herguedas Frühling 2023

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